Kopfreisen im Frühling 2022

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Bild: Frank Kunert

 

Unsere Geschichtenreihe

Mit der Reihe «Neue Geschichten» pflegt der Sage und Schreibe Verlag die Urform menschlichen Erzählens und gibt der Vielfalt literarischer Stimmen in der Schweiz eine Plattform. Autorinnen und Autoren werden angefragt, zu einem vorgegebenen Thema Geschichten zu schreiben oder bisher unveröffentlichte Texte einzureichen. Die Themen sind latent aktuell – so beschäftigt sich Band I, «Snežanas Lied. Neue Wintergeschichten aus der Schweiz», mit einer Jahreszeit, in welcher der Klimawandel besonders spürbar wird. Band II dreht sich ums «neue Gold» Wasser, zuweilen lebensbedrohlich, aber letztlich das Element, aus dem alles Leben kommt. Band III entstand während der Pandemie und so lädt "Bellevue. Neue Hotelgeschichten zum Kopfreisen" genau dazu ein.

 

Bild: zvg

 

Neue Hotelgeschichten

 

Hotels sind Fluchtorte, Transiträume, Bühnen und deshalb besonders inspirierend für Menschen, deren Leidenschaft das Geschichtenerzählen ist. So wird in diesem Buch Haarsträubendes aus Zimmermädchen Hannis Lehr-und Wanderjahren zum Besten gegeben, Gespenster bekommen Arbeitsverträge im Schlosshotel, und die De-luxe-Hochzeit im «Amorosa» endet nüchtern.

Auch von Motels und Pensionen wird erzählt, von einem Liebesnest mit Frühstück und einer Herberge am Jakobsweg, wo der Gastgeber im Winter vereinsamt.

Einige Geschichten sind kleine Heldenreisen, manche setzen sich in einem zweiten Text fort. Dazwischen finden sich sprachexperimentelle Beiträge sowie Miniaturen, in denen ganze Romane verdichtet sind wie in einem guten Songtext.

 

Bild: zvg

 

Leseproben

Frau K., die Wirtin, setzt sich zuerst mit Lena hin. Sie möchte wissen, woher und wohin.
«Einfach reisen», sagt Lena. «An Orte, die man nicht kennt. Von denen man wenig weiss.» Frau K. nickt zufrieden. «Gute Wahl», sagt sie. «Obwohl früher, da war es anders. Besser.» Halle habe 380'000 Einwohner gehabt, jetzt noch 180'000. Wo die denn hin seien, fragt Lena. «Gestorben und in den Westen arbeiten», sagt Frau K. Nachher sucht sie mit Sorgfalt einen Schlüssel für Lena aus. Sie bekommt das Zimmer Nummer 1. Fenster nach Süden und Westen, Fenster im Bad. Wenn sie dusche, solle sie warten, das warme Wasser komme. (...)

                                                                                                                                                                                                                                                             

Aus: «Frohe Zukunft» von Cornelia Bohnet

 

(...)

be sletscht Johr zKorfu

– oder eschs ächt Koos? –

jedefauus zGriecheland unde gsii:

furchbaar sägider!

sZimmer gröielig

ond auues bsoffni Ängländer deet

drbii sind dInternetbewärtige

dermaasse guet gsii!

(...)                                             

 

Aus: «trotz ☆☆☆☆» von Erich Haller                            

 

 

(...) Rücklings lag ich auf meinem Hotelbett, einen Arm über dem Bauch, den anderen längs neben dem Kopf ausgestreckt. In Streifen geschnittenes Sonnenlicht drang durch die Jalousien. Ich erinnere mich, wie mein rechter Fuss langsam warm wurde, weil er im Licht lag. Ganz ruhig lag ich da, ohne den Drang, mich zu bewegen. Ich betrachtete die weisse Zimmerdecke über mir. Und ich war ausgefüllt von diesem Gefühl, dass es noch so viel zu entdecken gab, dass noch so vieles vor mir lag. (...)

 

Aus: «Weiterziehen» von Lea Cadisch

 

 

Städteflug
Summ, summ, Samtlandung     
Wildflug ruht in Stadtwaben    
heute eröffnet

                                                    

Haiku von Daniela Meyer

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